Waldkircher Orgelstiftung

Als nach über dreijähriger Vorbereitungszeit das Regierungspräsidium Freiburg die Gründung der Waldkircher Orgelstiftung am 20. Dezember 2000 genehmigte, war die Freude groß. Ein langer Prozess der Aufbauarbeit für die Stiftung hatte damit seinen Abschluss gefunden, der am 12. Mai 2002 in einem Festakt im neu errichteten Orgelbauersaal gebührend gefeiert wurde.

Die Initiative zur Orgelstiftung kam von Helmut Hummel, Josef E. Reich, Dr. Michael Thoma, Heinz Jäger und Wolfgang Brommer.

www.waldkircher-orgelstiftung.de

Womit alles anfing

So konnte im Jahr 2000 ein neues Kapitel der Waldkircher Orgelgeschichte aufgeschlagen werden. Das Anfangskapitel reicht bereits weit, weit zurück in die Zeit, als der erste Kirchenorgelbauer Mathias Martin sich 1799 in Waldkirch ansiedelte.

35 Jahre später verlegte ebenfalls ein genialer Schwarzwälder Tüftler seine Werkstatt nach Waldkirch und prägte zusammen mit seiner Familie die Orgelschichte Waldkirchs über 100 Jahre lang: Ignaz Blasius Bruder, der Begründer der heute noch weltweit bekannten Tradition des Drehorgelbaus in Waldkirch.

Auf diesen fruchtbaren Boden wuchsen weitere Gründungen mechanischer Musikinstrumentenfirmen wie die Firma Gebr. Weber. Ihre Orchestrien waren weltweit begehrt und spielten am arabischen Fürstenhof, in russischen Adelshäusern und in amerikanischen Music Halls auf.

Waldkircher Musikautomaten wurden auf Weltausstellungen nach Paris und in die Vereinigten Staaten geschickt. Und auch im 21. Jahrhundert bauen, entwickeln und restaurieren fünf Werkstätten in Waldkirch weiterhin die hochgeschätzten und berühmten Waldkircher Orgelinstrumente, für den kirchlichen wie weltlichen Bereich.

Die Stadt Waldkirch kann also auf eine 218-jährige Tradition im Orgelbau zurückblicken: Kirchenorgeln seit 1799, Dreh- und Jahrmarktsorgeln seit 1834, Orchestrien bis ins 20. Jahrhundert hinein – dieser Erfolg war nur möglich durch die enge Verzahnung von künstlerischem, musikalischem und handwerklichem Wissen.

Handwerkliche Tradition im Orgelbau.
Dieses Wissen gilt es zu bewahren und zu fördern. Waldkircher Orgelstiftung

Die Ziele der Waldkircher Orgelstiftung

Bewahren, Präsentieren, Forschen, Fördern und Dokumentieren – diese Ziele steckten sich einst die fünf Gründungsmitglieder. Angesichts der Größe dieser Aufgaben hat sich das Quintett schon längst zu einem Orchester ausgeweitet: Freunde, Sponsoren und Gönner, die Orgelwelt Waldkirchs mit dem Elztalmuseum, der Orgel-Förderkreis, ja, die ganze Stadt Waldkirch mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement begleiten und unterstützen inzwischen die Projekte der Waldkircher Orgelstiftung.

Dazu zählen die Führungen, Vorträge, Konzerte im Orgelbauersaal wie auch die zahlreichen Publikationen zur Geschichte der Orgeln. Ehemals trockener Physikunterricht erwacht zum Leben, wenn Schulklassen die Schwingungslehre anhand dem Aufbau einer Orgel nachvollziehen können.
Gerade junge Menschen anzusprechen und ihnen ihre Orgel-Klang-Stadt zugänglich zu machen, ist ein besonderes Anliegen der Waldkircher Orgelstiftung. Dies zeigen auch die Schülerpreise, die die Stiftung auslobt.

Der Orgelbauersaal ermöglicht Begegnungen mit historisch wie neu entwickelten Orgelinstrumenten, von feinmechanischen Wunderwerken bis hin zur MIDI-gesteuerten Drehorgel, made in Waldkirch. Die Orgelstiftung unterstützt dabei finanziell die Restaurierung alter Waldkircher Orgeln und fördert auch Auszubildende und Orgelbauer im Restaurieren und Fertigen von Orgelinstrumenten. Dazu ist natürlich das Wissen über die Orgeln selbst von hoher Bedeutung.

Als sich 2006 das 200-jährige Jubiläum der ersten Drehorgel jährte, die Ignaz Blasius Bruder gebaut hatte, wurde sein "Handbuch der Orgelbaukunst", dessen Original im Elztalmuseum aufbewahrt wird, von der Waldkircher Orgelstiftung neu herausgegeben.

Das Archiv der Waldkircher Orgelstiftung sammelt Schriften und Noten aus der Vergangenheit und arbeitet sie musikwissenschaftlich auf. Durch fünf große Sammlungen von historischen Dokumenten über Orgelwerke wird die Erforschung der kirchlichen Orgelbaukunst vorangetrieben. Zahlreiche CD-Produktionen widmen sich alter wie neuer Orgelmusik.

Orgelbau – ein europäisches Kulturgut

Im Jahr 2012 wurde die Waldkircher Orgelstiftung aufgrund ihres vielfältigen Engagements von der Europäischen Kulturstiftung Pro Europa geehrt mit dem „Preis zur Bewahrung Europäischen Kulturgutes 2012“ (Link). Ein Preis, der nicht nur die Erfolgsgeschichte der Stiftung zeigt, sondern auch hervorhebt, dass die Orgeltradition Waldkirchs im Zusammenhang mit der europäischen Kulturgeschichte zu sehen ist: vom Musikanten im 18. Jahrhundert, der mit Drehorgel oder Rückenklavier aus Waldkirch durch Europa gereist ist, bis hin zum Export von Waldkircher Orgeln nach Asien oder Südamerika in den 1920ern.

Mit der Präsentation "Pins & Bytes" wurde 2015 das Thema der technischen Datenspeicherung aufgegriffen. Anhand von ausgestellten Musikinstrumenten wird gezeigt, wie sich Daten und deren Speicherung im Laufe der Menschheitsgeschichte entwickelt haben. Die Musikautomaten – Opas Musik Computer – spielen dabei eine bedeutende Rolle, diente doch einst die Walze wie heute die CD als Speichergerät.

Seit 2016 widmet sich das "Haus der Klänge" dem klanglichen Bereich von Musikinstrumenten. Hier wird der Instrumentenklang mit verschiedenen Sinnen erfahrbar. Dadurch können die verschiedenen Klanginstrumente und auch die Orgel bewusster wahrgenommen werden.

2017 bildet das Startjahr zum neuen Kulturnetzwerk: "Deutsche Orgelstraße". Die Orgelmetropole Waldkirch dient als Startpunkt und führt die auch touristisch interessant angelegte Orgelstraße hin zu den vielfältigen Orgelinstrumenten in Kirchen, Museen und Konzerthäusern.

Das neue Kulturnetzwerk stieß von Beginn an auf großen Anklang in Politik, Künstlerkreisen und bei Orgelliebhabern. Die Orgel als Königin der Instrumente und die mechanischen Orgelwerke wie Drehorgeln als Prinzessinnen verkörpern ein typisch deutsches Kulturgut mit europäischem Klang – die Deutsche Orgelstraße vermag diese kulturellen Schätze noch stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken.

Wir sind überzeugt, dass Identitätspunkte wie der Waldkircher Orgelbau wichtig sind für die Region und ihre Menschen, auch für zukünftige Generationen. Deshalb widmen wir uns mit Leidenschaft der Aufgabe Kulturgut zu bewahren und weiterzutragen. Das „Wir“ bezieht insbesondere unsere zahlreichen Sponsoren und Förderer mit ein, ohne deren Engagement diese Aufgabe nicht zu bewältigen wäre. Ihnen allen gebührt großer Dank!

Bernd Wintermantel & Wolfgang Brommer
Vorsitzende der Waldkircher Orgelstiftung